Wie uns die Ernährungsindustrie gerne verarscht und um was es mir beim Essen geht
Von Pusteblumenbaby. Abgelegt unter Kinderfreundliche Rezepte |Schlagwörter: Ernährung
Seit geraumer Zeit versuche ich mich gesund zu ernähren. Das heißt vor allem viel Korn (das reduziert auch meinen Zuckerwunsch), Gemüse und Obst. Ich koche jeden Tag für mich und mein Kleinkind und mittlerweile hat sich meine Tochter so sehr daran gewöhnt, dass sie immer mitkochen möchte und ich sie regelmäßig vom Kochen abhalten muss, indem ich ihr Pseudokochaufgaben gebe. Während meine Tochter dann in den versammelten Kochtöpfen der Küche Wasser zusammenpanscht, leiste ich mir dann neben dem ganzen Gesundkochen meinen Schokokick (über meine Schokosüchte habe ich ja schon einiges schreiben müssen und beim Kochen bekomme ich immer schon Hunger).
Ich verfalle hierbei immer wieder der Kinderschokolade und habe mittlerweile schon einen richtigen Hass auf die Ernährungsindustrie. Jawohl die Ernährungsindustrie ist schuld, aber warum?
Die Ernährungsindustrie hatte seit der Vollversorgung der Bürger natürlich ein Problem. Ein gewöhnlicher Industriebetrieb muss wachsen, andernfalls lassen sich die Investitionen irgendwann nicht ausgleichen und das Konkursrisiko steigt. Das Problem ist nun, dass irgendwann die Menschen satt sind und nicht mehr in sie hineingeht als die Industrie es braucht. Damit dann die Industrie aber doch mehr Gewinne generieren kann, müssen dann Laboranten minderwertigere Waren in neuem Gewand präsentieren. Das heißt einerseits werden immer billigere Lebensmittel produziert, auf der anderen Seite, versucht die Industrie aber auch den Konsum anzuheizen. Dabei bedient die Industrie natürlich Kundenwünsche. Mein Reflex auf Zucker spielt dabei eine Rolle, denn Zucker ist ein Suchtmittel, dass die Industrie zu nutzen weiß. Zucker brauche ich immer mehr und niemals weniger. Einzig das schlechte Gewissen plagt mich und hier hat mich die Ernährungsindustrie gekriegt. Die letzte Blockade wurde gelöst mit Werbung, die nicht der Wahrheit entsprach.
Kinderschokolade ist Teufelszeug (was eigentlich jedem klar sein sollte). Im Auftrag der heilenden Kräfte der Milch kam es aus Omas Hände in meinen Magen und war ein gesundes Heiligtum das schmeckte. Das Alibi beim Kundenmord auf Raten war für den Produzenten Ferrero natürlich die unglaubliche Gesundheitspower, die nur aus dem besten der Milch herrührt. Wenn ich Kinderriegel esse, esse ich natürlich ein aufgewertetes Produkt, das mehr als nur Milch enthält, sondern vor allem meine Gesundheit in mich hineinspült.
So sah und sieht es die Industrie, tatsächlich aber deckt ihr euren Calciumbedarf mit Kinderriegel, wenn ihr 14 Riegel verspeist (was mir hin und wieder doch tatsächlich passiert), dann aber habe ich zugleich 48 Stück Zucker und ein halbes Paket Butter auf dem Speiseplan gehabt. Der Slogan “Kinderriegel – mit der Extraportion Fett und Zucker” würde es also besser treffen.
Was jetzt? Nun, wir können ein kleines bisschen etwas verändern, indem wir uns beschweren. Zwar kann und soll es die Produkte noch immer geben, aber Verbraucher sollen am Supermarktregal nicht wie Kinder verführt werden, daher könnt ihr nun eine Petition bei abgespeist unterschreiben.
Außerdem gibt es jetzt bei Foodwatch die Aktion zum Windbeutel des Jahres, wo das Produkt prämiert wird, das am besten den Kunden verarscht.
Hier könnt ihr mitmachen (http://www.abgespeist.de/der_goldene_windbeutel_2012/index_ger.html). Da sind schon einige merkwürdige Sachen dabei.
Diese Aktion unterstütze ich natürlich. Bei der Attacke gegen Netto, die ich in ihrem Kern auch gut finde, bin ich allerdings etwas skeptisch. Netto verkauft nun gestrecktes Hack und bewirbt es mit der Aufschrift 30 Prozent weniger Fett. Das Hack wurde allerdings mit Seitan gestreckt (ein Hack-hack also “hackhäck” gesprochen). Hierin sehe nun weniger ein Problem, da die Streckung um 30 Prozent in gewisser Hinsicht auch 30 Prozent weniger Tierleid bedeutet. Seitan ist zwar ein Protein, aber auch nicht bedenklicher als Weizenbrot für die Gesundheit. In der Food-Kampagne geht es also nur um den armen getäuschten Verbraucher, aber nicht um weit tiefreichendere ethische Fragen. Das heißt: Netto kann zwar gestrecktes Hack gut verkaufen, aber sobald die Angabe besteht, dass es mehr als nur Fleisch enthält, nämlich ethisch besseres Weizenprotein, bricht der Werbeeffekt zusammen? Ich unterstütze Netto bei seinen veganen Produkten und kriege da viele gute Dinge, wie zum Beispiel die Sojabolognese:
In Zukunft wird es immer mehr gute Ersatzprodukte für Fleisch geben und irgendwann werden diese auch billiger sein. Ich kann euch nur empfehlen, auch mal ein paar Sojaprodukte zu probieren. In diesem Sinne sehe ich ethisch verträglichen Kunstschinken, Kunstkäse und auch gestrecktes Hack nicht als das primäre Problem und kann die Aufregung nicht ganz verstehen. Kunden verarschen ist natürlich schlecht, aber vielleicht klären wir uns auch gegenseitig mal mehr über unsere Lebensweise auf.
Warum ist dies wichtig? Nun, es gibt natürlich unendlich viele Gründe und die sollten längst jedem bekannt sein. Eine Sache macht mir aber richtig Angst. In Schweineställen werden immer mehr MRSA-Erreger entdeckt. Diese Erreger sind gegen die meisten Antibiotika immun. Antibiotika ist für viele Kinder und Menschen in Notfällen die letzte Rettung. Vor Erfindung des Antibiotikums war die Kindersterblichkeit hoch und manchmal hat es die Kinder wegen einer harmlosen Infektion einfach so hinweggerafft. Antibiotika waren lange Zeit eine Waffe der Medizin für den Menschen. In Zukunft kann es allerdings passieren, dass ein Erreger in Umlauf kommt, der uns einfach niederstreckt, obwohl wir es mit Antibiotika ohne Probleme hätten kurieren können, wenn die Erreger nicht irgendwo resistent geworden wären. Woher kamen die Resistenzen?
Um immer billiger Fleisch zu produzieren, setzt die Industrie Antibiotika ein. Tiere können so unter unwürdigen Bedingungen gehalten werden und bilden so vor allem die gefährlichen Resistenzen. Tierärzte schlagen nach neueren Studien Alarm. Es ist davon auszugehen, dass Antibiotika in Zukunft kaum mehr Wirkung entfalten kann, bei Erregern die aus den Tierkreisen kommen. Am besten wäre es natürlich, wenn die Regierung einfach den Einsatz von Antibiotika bei Tieren verbietet und es als wertvolles Medikament nur für den Menschen schützt (dies sollte weltweit geschehen). Dies würde den Fleischpreis in die Höhe treiben, was natürlich auf der ganzen Welt niemand will. Alle wollen in einem Auto ohne Gurte auf eine Wand zurasen, weil es so geil ist, so schnell zu fahren. Es ist als wären wir auf einer Selbstmörderparty. Umgekehrt aber ist es uns auch möglich auf vegane Alternativen zu setzen, die ebenso billiger sind, trotzdem sind wir Beifahrer in diesem Auto.
Meines Erachtens gehören zur Ernährung immer um drei Dinge: Den Schutz unserer Gesundheit, den Genuss und den Schutz der Umwelt. Langfristig gehören für mich alle drei zusammen und nur so kann ich mein Essen wirklich genießen.
Alles Liebe
eure Maja
